Wie man bei einem Sportclub aus einer Negativspirale herauskommen könnte
Gerade im Mittelland ist das Phänomen allgegenwärtig in den Top-Sportarten: Der Misserfolg, das Pech oder das Scheitern in wichtigen Spielen. Sei dies nun beim FC Aarau, beim EHC Olten, beim FC Solothurn oder beim FC Langenthal. Ruedi Zahner, eine der Legenden beim FC Aarau, mittlerweile Erfolgsforscher und Mentor von TrainerInnen und Führungskräften in Sport und Wirtschaft, sagt: «Das Unmögliche ist möglich! Dafür braucht es den Mut, alles auf den Kopf zu stellen und neu zu denken.»

In diesem Jahr fällt auf, dass gerade im Mittelland kein einziger führender Sportverein in den Topsportarten Meister geworden oder sonst für einen grossen Wow-Effekt sorgen konnte. Der EHC Olten verpasste im Eishockey in der Swiss League (früher NLB) den Meistertitel. Der FC Solothurn und der FC Langenthal verpassten in der 1. Liga die Qualifikation für die Aufstiegsspiele. Immerhin erreichte der FC Langenthal in der soeben abgelaufenen Saison im Schweizer Cup den Achtelfinal, scheiterte dort aber am späteren Finalisten aus der Promotion League, dem FC Biel, gleich mit 0:6.
Die Frauen des FC Solothurn schafften den Ligaerhalt kürzlich nur, weil in der Saison 2025/26 die NLB von 10 auf 12 Teams aufgestockt wird.
Selbst Erfolgsgaranten des Mittellandes konnten in diesem Jahr nicht liefern, etwa im Volleyball Volley Schönenwerd (Final-Niederlage gegen Volley Amriswil) oder im Unihockey der SV Wiler-Ersigen (Ausscheiden bereits im Playoff-Viertelfinal gegen GC und dies im 7. und entscheidenden Spiel zu Hause mit 4:6). Und der FC Aarau scheiterte zuletzt in der Barrage als Zweiter der Challenge League an GC, dem Zweitletzten der Super League mit dem Gesamtscore von 1:4.
Erfolgreiche FCA-Aera
Ruedi Zahner spielte als Fussballer beim FC Aarau, FC Zürich und beim FC Basel. 1982 stieg er als Captain mit dem FC Aarau in die damalige Nationalliga A auf, gewann 1985 den Schweizer Cup, ebenfalls mit Aarau und wurde als Assistenztrainer schliesslich mit demselben Verein 1993 unter dem damaligen Trainer Rolf Fringer Schweizer Meister. Ab anfangs Juni 2006 war er beim FC Aarau zuerst Sportchef, von Ende Oktober bis Ende Dezember 2006 dann sogar Cheftrainer. «Ich bin im Fussball grossgeworden, kenne Erfolg und Misserfolg aus Jahrzehnte langer eigener Erfahrung», sagt der mittlerweile in Bern wohnhafte 68-jährige Aarauer, dessen Bruder Peter sehr erfolgreich bei den ZSC Lions CEO ist.
Der Erfolgsforscher
Nach seiner aktiven Karriere ist Zahner der Frage nachgegangen «Warum gewinnen wir?» Er hat die Weltbesten studiert, mit vielen von ihnen zusammengearbeitet und daraus das Why We Win-Erfolgskonzept für mentale Stärke und Leadership entwickelt.
Über 10 Jahre lang hat Zahner beim Schweizerischen Fussballverband «Why We Win» mit grossem Erfolg (Europa- und Weltmeister U17) umgesetzt und dabei ganz früh mit all den jungen Spielern, von denen viele später eine Weltkarriere gemacht haben, intensiv zusammengearbeitet. «Heute bin ich als Mentor von Trainerinnen und Trainern im Spitzensport, Führungskräften, CEO’s, Sportlerinnen, Sportlern und Eltern tätig.
Im Gespräch mit dieser Zeitung – nach dem Barrage-Scheitern des FC Aarau an GC – sagt Zahner: «Jetzt ist Zeit, alles auf den Kopf zu stellen und neu zu denken.»

Der FCA-Wandel
30 Jahre lang hiessen die Aarauer «die Unabsteigbaren». Seit dem Scheitern in der Barrage (2019 an Xamax) plus der vergeigten Aufstiegs-Finalissima 2022 (dem FCA hätte im letzten Saisonspiel zu Hause gegen Vaduz ein Unentschieden zum Aufstieg in die Super League (NLA) gereicht, doch er verlor 1:2) gelten sie als «die Unaufsteigbaren». Nach dem neuerlichen Scheitern in der Barrage gegen GC hat sich dieser Nimbus fest in die Köpfe und in die Seele des FCA eingebrannt. Klar sprach vor der Barrage fast alles für den Gegner GC, doch im Lager des FCA war die Aufstiegs-Hoffnung gross. 15 Mal gab es zuvor eine Barrage zwischen dem Super-League-Vorletzten und dem Challenge-League-Zweiten: Zehnmal hatte sich der Oberklassige durchgesetzt. Aarau hatte als Unterklassiger noch nie eine Barrage gewonnen. GC hatte als Oberklassiger noch nie eine Barrage verloren. GC hatte von seinen zwölf letzten Spielen vier gewonnen – in der Super League. Aarau hatte von seinen letzten zwölf Spielen zwei gewonnen – in der Challenge League. Das GC-Kader hatte einen branchenanerkannten Wert von 22,4 Millionen Franken, jenes des FC Aarau einen solchen von 6,5 Millionen Franken. Für GC’s Trainer Tomas Oral war es die vierte Barrage seiner Trainerlaufbahn. Aaraus Brunello Iacopetta trat das erste Mal überhaupt als Trainer auf die grosse Bühne.
Die Angst regiert
Der ganze Glaube, den man früher einmal hatte, das Feuer, das Herz und der Biss seien nach den Negativerlebnissen des FC Aarau in den letzten Jahren völlig verloren gegangen. «Ich hätte früher mein Leben hingegeben für den FCA. Seit dem Aufstieg 1983 brannte das Brügglifeld lichterloh. Als Underdog wuchsen wir immer wieder über uns hinaus, schafften Wunder und machten Unmögliches möglich: Liga-Cupsieg, Cupsieg und Meistertitel.» Dieser Wind habe inzwischen gedreht. «Der Glaube an einen Aufstieg, das Unmögliche möglich zu machen, ist verloren gegangen und heute regiert die Angst.» So versage man jeweils, wenn es wirklich um etwas Grosses gehe. «Mit jedem weiteren Scheitern würden der Druck und auch die Angst grösser», so Zahner.
FCA ist Kult
«Der FC Aarau ist Kult und die vielen fantastischen Fans werden immer zu ihrem Klub halten, weil er der Klub für Kampf, Leidenschaft und Zusammenhalt steht», sagt Zahner. In der Challenge League kam der FCA in den 18 Meisterschafts-Heimspielen auf einen Schnitt von 5’438 Fans, was einer Stadionauslastung von 64 Prozent entspricht. Das sind Liga-Bestwerte in allen Belangen, noch vor Super League-Aufsteiger FC Thun Berner Oberland. «Der Verein ist gesund und macht eigentlich einen Super-Job.» Zudem strahle das altehrwürdige Brügglifeld sehr viel Energie und Charme aus. «Aber was die finanziellen Möglichkeiten betrifft, so ist man beschränkt.»
Der Glaube zählt
Jetzt brauche es den Mut, alles auf den Kopf zu stellen, neu zu denken, sagt Zahner. «Sonst bleibt man dort, wo man ist und Stillstand bedeutet bekanntlich Rückschritt. Zahner erwähnt in diesem Zusammenhang Albert Einsteins Definition von Wahnsinn: «Immer das Gleiche machen und andere Resultate erwarten!» Der FCA müsse den Bock umstossen und den Glauben der «Unabsteigbaren» kreieren. «Dazu braucht es unglaublich viel Herz, Biss, Begeisterung, Leidenschaft und Mut zum Neuen.» Es sei eine grosse Herausforderung für die Klubführung, also den Präsidenten, den CEO und den Trainer: «Wie bringen wir den Glauben zurück, dass wir wieder etwas Grosses kreieren und den Fluch aus dem Stadion vertreiben können», laute dabei die Aufgabe. «Es ist die Aufgabe eines Leaders, dass meine Leute begreifen und daran glauben, dass das Unmögliche möglich ist», so Zahner.
Raphael Galliker
Kommentar:
Mit Professionalität zum Erfolg
Um Erfolg zu haben, braucht es – nicht nur im Sport – nebst viel Talent und Können, auch Ausdauer, Biss und nicht zuletzt das notwendige Geld, ab und zu auch eine Prise Glück.
Wie kann man den Erfolg bei einem Sportklub herbeiführen. Dies sicherlich dank der richtigen Zusammenstellung eines Teams, dass viel Biss zeigt und jede/jeder für den Verein ihr/sein letztes Hemd gibt. Es braucht aber auch ein harmonierendes Team auf der Ebene der Klubführung. Hat man dies alles, braucht es den Erfolgshunger, den Glauben an den Erfolg und das notwendige Selbstvertrauen. Es braucht auch viel Engagement, Herzblut und professionelles Denken und Handeln. Mit Halbheiten kommt man nicht ans erfolgreiche Ziel! Es braucht zudem den Willen, Risiken einzugehen mit dem klaren Ziel vor Augen, sei dies nun Aufstieg oder Meistertitel.
Hier sehe ich eine Möglichkeit, auch beim FC Aarau, dass Klubführung, Staff und Spieler ein Kommitment unterschreiben, in welchem steht: «Ich mache alles in meiner Macht stehende, damit der FC Aarau in die Super League zurückkehrt!»
Um dauerhaft Erfolg zu haben, braucht es treue Fans, treue Sponsoren, viel Geld und auch eine neuzeitliche Infrastruktur. Beim FC Aarau sind viele Faktoren vorhanden. Es ist zudem ein Klub mit viel Tradition, der in der Vergangenheit bewiesen hat, dass er in der Schweizer Fussballszene ein erfolgreicher Player sein kann. Wird man den Fluch der Unaufsteigbaren los, ist aber ein neues Stadion und damit Mehreinnahmen auf allen Ebenen meines Erachtens ein Muss!
Raphael Galliker